Zeitpunkt in dem der Arbeitgeber in Annahmeverzug ist

Zu welchem Zeitpunkt ist der Arbeitgeber im Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer (Lehrer) bereit ist mehr zu arbeiten und dies auch anbietet?

Grundsätzlich ist ein Lehrer, der zur Mehrarbeit bereit ist, verpflichtet diese gegenüber der Schule anzubieten. Dies gilt auch dann, wenn es die Schule unterlässt, den Stundenplan um die tatsächlichen Stunden zu ergänzen.

Im vorliegenden Fall ist ein Lehrer beim Land beschäftigt. In seinem Teilzeitvertrag ist eine Arbeitszeit von 80% vereinbart (von einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft). Faktisch gesehen arbeitet der Lehrer 100%. Dies kommt durch sogenannt geplante Mehrarbeitsstunden zustande. Der Arbeitnehmer nähert sich dem Pensionsalter und beide Arbeitsvertragsparteien schließen einen Altersteilzeitvertrag. In dem Vertrag werden nicht die tatsächlich geleisteten 100 % berücksichtigt, sondern nur die 80%. Hierüber drückt der Lehrer sein Bedauern aus. Die 80% werden in dem Vertrag halbiert.

Nach Vertragsschluss verlangt der Lehrer eine Erhöhung von den 40% auf nunmehr 50% und verweist dabei auf neue Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Der Arbeitgeber ist einverstanden, jedoch sollen die Änderungen erst ab einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten.

Der Lehrer verlangt auch rückwirkend die Bezahlungen in Höhe von 50%. Er begründet dies mit eingetretenem Annahmeverzug und erhebt daraufhin Feststellungsklage beim zuständigen Arbeitsgericht.
Das ArbG gibt seiner Klage statt. Das LAG hebt das erstinstanzliche Urteil auf. Das BAG bestätigt die Entscheidung des Berufungsgerichts.

Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Dieser Grundsatz gilt auch, wenn Annahmeverzug gemäß §§ 615, 293 ff. BGB vorliegt.
Für Arbeitnehmer ist es grundsätzlich erforderlich, dass sie Mehrarbeit auch wörtlich anbieten. Ein Bedauern – wie im vorliegenden Fall – reicht hierfür nicht aus. Ein solcher Ausdruck des Bedauerns kann vor allem vor dem Hintergrund nicht genügen, dass die Vereinbarung so getroffen wurde wie von der anderen Vertragsseite vorgeschlagen.

Ferner ist ein wörtliches Angebot weder nach § 295 Satz 1 noch nach § 296 BGB entbehrlich.
Damit ein wörtliches Angebot nach § 295 S. 1 BGB entbehrlich ist, müsste der Arbeitgeber die Annahme verweigern. Hierfür lagen im vorliegenden Fall keine Tatsachen vor. Die Vereinbarung von 40% ist auch nicht als Annahmeverweigerung zu werten. Ihr kommt lediglich ein deklaratorischer Charakter zugute.
Es wäre zwar eine Pflicht zur Mitwirkung gewesen den Lehrer in den Unterrichtsstundenplan einzuteilen. Jedoch führt diese Pflichtverletzung (sich aus §§ 296 S. 1, 295 S.2 BGB ergebend) im vorliegenden Fall nicht zu einer Annahmeverweigerung. Denn es ist weder eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, noch ist § 296 BGB im ungekündigten Arbeitsverhältnis anwendbar.

Möchte ein Lehrer gerne Mehrarbeit leisten und wird dieser bei der Planung des Stundenplanes nicht eingeteilt, so obliegt es ihm mitzuteilen, dass er weitere Unterrichtsstunden leisten möchte. Durch dieses Angebot kann ein Lehrer seinen Arbeitgeber in Annahmeverzug gemäß § 295 S. 2 BGB versetzen. Um aber im Bestreitensfall das Angebot nachweisen zu können (diese Tatsache ist aus prozessualen Gründen von dem Arbeitnehmer zu erbringen), sollten Zeugen anwesend sein oder auf Schriftform geachtet werden.

(BAG, Urt. V. 16.4.2013 – 9 AZR 554/11)