„Equal pay“-Anspruch des Arbeitnehmers: Ein Zeitarbeitsunternehmen trifft bei der Gehaltsstruktur des Entleiherbetriebs eine Erkundigungspflicht aus dem AÜG – im Gerichtsprozess ist somit ein Bestreiten mit Nichtwissen unzulässig

LAG Düsseldorf, Urteil vom 21.06.2012 – 13 Sa 319/12

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Parteien stritten über Differenzlohnansprüche aus „equal pay“.

Was bedeutet „equal pay“? In §§ 3 Abs. 1 Nr. 3 S. 2, 9 Nr. 2 AÜG ist der sog. Gleichstellungsgrundsatz geregelt. Dieser erfordert, dass der Leiharbeitnehmer dieselben Arbeits- und Entgeltbedingungen wie sie für die Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs Geltung haben von seinem Zeitarbeitsunternehmen für die Zeit der Überlassung zu empfangen hat (sog. „Equal pay“ und „equal treatment“). Der Gesetzgeber hat jedoch zwecks Liberalisierung des Arbeitsmarktes die Möglichkeit geschaffen, dieses „equal pay“-Prinzip durch Tarifverträge zu umgehen (§ 9 Nr. 2 AÜG).

Im vorliegenden Fall wurde im Arbeitsvertrag die Geltung des Tarifvertrages der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) geschlossen.

Durch Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2012 (Az.: 1 AZB 58/12) wurde festgestellt, dass die CGZP nicht tariffähig ist und dementsprechend zu keiner Zeit Tarifverträge abschließen konnte. Daraus folgt, dass der in diesem Fall einbezogene Tarifvertrag nichtig war, so dass der klägerische Arbeitnehmer einen „equal pay“-Anspruch hat. Dies aus der Anspruchsgrundlage der § 10 Abs. 4 AÜG i.V.m. § 9 Nr. 2 AÜG.

Das beklagte Zeitarbeitsunternehmen kann sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird nicht geschützt.

Auch wurde der Anspruch des Klägers nicht durch Ausschlussfristen unwirksam. Die im nichtigen Tarifvertrag genannten Ausschlussfristen entfalteten keine Rechtswirkung. Die im Entleiherunternehmen geltenden Auschlussfristen muss ein Leiharbeitnehmer, der Ansprüche nach § 10 Abs. 4 AÜG einklagt, nicht beachten, da sie für ihn keine Rechtsgeltung haben.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger auch wirksam seinen eingeklagten Differenzlohn berechnet, indem er den Mindestlohn beim Entleiher zu Grunde legte.

Die beklagte Zeitarbeitsfirma hat die Stundensatzhöhe nur pauschal mit Nichtwissen bestritten. Dies durfte sie jedoch nicht, da den Verleiher Erkundungs- und Informationsobliegenheiten treffen. Nach § 12 Abs. 1 S. 3 AÜG hätten diese Informationen zu Arbeitsentgelt und Arbeitsbedingungen schon im Vertrag zwischen dem Leiharbeitsunternehmen und dem entleihenden Kunden geregelt sein müssen. Folglich kann sich das Zeitarbeitsunternehmen nicht auf Unwissenheit berufen.