Internet-Chatprotokolle auf dem Arbeitsplatz-PC des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess verwertbar, wenn gelegentliche private Internetnutzung erlaubt und Überwachung durch Arbeitgeber angekündigt wurde

Im Kündigungsschutzprozess sind Internet-Chatprotokolle des Arbeitnehmers, die vom PC am Arbeitsplatz unter der Verwendung des Programms „Skype“ angelegt worden sind, unter zwei Voraussetzungen verwertbar: Der Arbeitgeber muss die gelegentliche private Internetnutzung erlauben und die Überwachung der Selbigen angekündigt haben.
(LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2012; Az.: 14 Sa 1711/10)

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zur Grunde:

Der Kläger (Arbeitnehmer) beging zu Lasten der Beklagten (Arbeitgeberin) ein Vermögensdelikt. Die Beklagte fertigt Armaturen für Badezimmer. Der Kläger veräußerte zum Einen auf der Internetplattform „ebay“ und zum Anderen an Mitarbeiter des Betriebs Armaturen des Typs „Rainshower“, wobei nicht genau ermittelt werden konnte, auf welche Weise er zu diesen gelangte. Die Beklagte verzeichnete Fehlbestände, so dass eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde.

In der Folgezeit fand die Beklagte private Chatprotokolle, die über das Programm „Skype“ angelegt worden sind, auf dem Rechner am Arbeitsplatz des Klägers. Mit diesen Protokollen konnten die Vermögensdelikte zu Lasten der Beklagten lückenlos nachgewiesen werden.

Im Unternehmen war eine gelegentliche private Nutzung des Internets wurde durch die Beklagte erlaubt worden. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass keine Vertraulichkeit bei der Internetnutzung erwartet werden dürfe, eine Nutzung überwacht werde und bei Notwendigkeit bestehende Daten überprüft werden würden.

Das LAG Hamm entschied, dass die Chatprotokolle verwertbar waren. Die Kündigungsschutzklage war abzuweisen. Es handelt es sich bei dem nachträglichen Berufen auf die Protokolle um kein Nachschieben von Kündigungsgründen bei denen der Betriebsrat hätte angehört werden müssen.

Auch konnten die Chatprotokolle verwertet werden, da kein Verstoß gegen § 206 StGB, § 88 TKG, § 32 BDSG und § 87 I BetrVG gegeben war. Auch kennt das Zivilprozessrecht – wie auch der Arbeitsgerichtsprozess – kein Verbot der „Verwertung“ von Sachvortrag.

Das Fernmeldegeheimnis gem. § 206 StGB und § 88 TKG ist nicht verletzt worden, da nicht der E-Mail-Verkehr, sondern nur gespeicherte Inhalte verwertet wurden. Im Übrigen endet der Schutz des Fernmeldegeheimnisses mit Eingang der E-Mail beim Empfänger und Beendigung des Übertragungsvorgangs.

Auch enthält § 32 BDSG und § 88 TKG kein Beweiserhebungs- oder Beweisverwertungsverbot. Gleiches gilt für ein betriebsverfassungswidriges Erlangen von Informationen, d.h. wenn der Betriebsrat in seinem Mitbestimmungsrecht gem. § 87 BetrVG verletzt wurde.

Im Übrigen durfte der Kläger bei einer derartig eingeschränkten Vertraulichkeit der Privatnutzung des Internets nicht darauf vertrauen, dass Informationen nicht gesammelt und verwertet werden. Dies gilt erst recht, wenn der Kläger, wie in diesem Fall, Vermögensstraftaten zu Lasten seines Arbeitgebers begeht.

Abschließend sei angemerkt, dass das LAG die Revision zum BAG zugelassen hat. Es bleibt abzuwarten, ob das BAG über diesen Fall noch zu entscheiden hat.