Rechtsweg für die Kündigungsschutzklage eines abbgerufenen GmbH-Geschäftsführers

– BAG, Beschluss vom 26.10.2012 – 10 AZB 60/12 –

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war seit dem 01.08.2001 als Abteilungsleiter bei der S KGaA tätig. Währenddessen wurde der Kläger zum Geschäftsführer bei der Beklagten (GmbH), die am 01.07.2008 gegründet wurde, bestellt. Das mit der S KGaA bestehende Arbeitsverhältnis wurde zum 31.03.2009 einvernehmlich beendet. Gleichzeitig schlossen die Parteien eine als Arbeitsvertrag überschriebene Vereinbarung, die den Beginn des Anstellungsverhältnisses mit der Beklagten zum 01.04.2009 vorsah.
Die Beklagte kündigte das Anstellungsverhältnis des Klägers zum 30.09.2011 und vorsorglich noch einmal fristgerecht, ordentlich zum nächstzulässigen Termin. Daraufhin hat der Kläger Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben.
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtsweges.

Das LAG hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen zu Recht angenommen.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a und b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis und über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses.

Nach § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG gelten jedoch in Betrieben einer juristischen Person, Personen nicht als Arbeitnehmer, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrages zur Vertretung der juristischen Person berufen sind. Für einen Rechtsstreit zwischen dem Vertretungsorgan und der juristischen Person sind nach dieser gesetzlichen Fiktion die Gerichte für Arbeitssachen nicht berufen. Die Fiktion der Norm gilt grundsätzlich auch für das der Organstellung zu Grunde liegende Rechtsverhältnis.

Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte kann jedoch dann gegeben sein, wenn die Klagepartei Ansprüche aus einem auch während der Zeit als Geschäftsführer nicht aufgehobenen Arbeitsverhältnis nach Abberufung als Organmitglied geltend macht. Zwar liegt der Berufung eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer einer GmbH eine vertragliche Abrede zu Grunde, die regelmäßig als ein Geschäftsführerdienstvertrag zu qualifizieren ist und mit der auch das Arbeitsverhältnis grundsätzlich aufgehoben wird. Dies ist jedoch nicht zwingend. Zum einen kann die Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH auch auf einem Arbeitsvertrag beruhen. Zum anderen bleibt der Arbeitsvertrag bestehen, wenn der Arbeitnehmer auf Grund einer formlosen Abrede zum Geschäftsführer der GmbH bestellt wird, da eine wirksame Aufhebung des früheren Arbeitsverhältnisses die Einhaltung der Schriftform voraussetzt. Ansprüche aus diesem Arbeitsvertrag können dann nach Abberufung aus der Organschaft und damit nach dem Wegfall der Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG vor den Gerichten für Arbeitssachen geltend gemacht werden.
In diesem Fall macht der Kläger den Fortbestand des nach seiner Auffassung begründeten und weiter bestehenden Arbeitsverhältnisses geltend.

Es handelt sich um Anträge, die nur dann begründet sein können, wenn das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist und nach wirksamer Beendigung der Organstellung als solches fortbestand oder wieder auflebte. In diesen Fällen eröffnet bei streitiger Tatsachengrundlage die bloße Rechtsansicht der Klagepartei es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten.