Stellen kündigungsbedingte Depressionen einen Auflösungsgrund dar?
Erleidet ein Arbeitnehmer durch eine Kündigung bedingt Depressionen, so stellt dies keinen Auflösungsgrund gemäß §§ 9, 10 KSchG an sich dar. Vielmehr bedarf es eines kausalen Zusammenhanges und der Arbeitgeber muss die Depressionen zielgerichtet herbeigeführt haben oder zumindest deren möglichen Eintritt erkannt und billigend in Kauf genommen haben.
Im vorliegenden Fall kam es seitens der Arbeitgeberin zu einer Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer. Die Kündigung erfolgte zum 31.8.2011 sowie nachfolgend zum 31.1.2012. Auf Grund dieser Kündigung entstehen bei dem Arbeitnehmer im weiteren Verlauf Depressionen.
Gegen die erste Kündigung erhebt der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht.
Das Arbeitsgericht befindet in einem Teilurteil, dass das Arbeitsverhältnis durch die erste Kündigung nicht aufgelöst wurde. Ferner erhebt der Arbeitnehmer gegen die zweite Kündigung, im Rahmen der wegen noch bestehender Forderungen der ersten Klage, einen Kündigungsschutzantrag (Klageerweiterung).
Im folgenden Berufungsprozess stellt der Arbeitnehmer erstmalig einen Auflösungsantrag. Hierfür führt er mehreres an. Der Arbeitnehmer sieht eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr als möglich an, da ihm nach seiner Ansicht mehrfach haltlos gekündigt wurde, es Sticheleien seitens der Betriebsleitung gab und hieraus schlussendlich eine psychische Erkrankung im Sinne von Depressionen erfolgte.
Dieser Ansicht folgte das Landesarbeitsgericht nicht. Es folgte dem gestellten Antrag der Arbeitgeberin und lehnte Auflösung gegen Abfindung ab.
Gegen dieses Urteil richtet sich der Arbeitnehmer mit seiner Revision vor dem Bundesarbeitsgericht. Dies weist die Revision als zulässig, jedoch unbegründet ab.
Grundsätzlich ist es in arbeitsrechtlichen Verfahren möglich einen Antrag auf Auflösung in der zweiten Instanz zu stellen. Im vorliegenden Fall wäre es an dem Arbeitnehmer darzulegen, dass die Arbeitgeberin ihn bewusst und mit quasi allen Mitteln aus dem Arbeitsverhältnis drängen wollte. Dies gelingt ihm jedoch nicht. Die vom Arbeitnehmer ins Feld geführten Gründe sprechen nicht für eine sogenannte Politik der kleinen Nadelstiche. Er kann insbesondere nicht darlegen, dass die Arbeitgeberin ihn systematisch aus dem Job drängen wollte oder die psychische Erkrankung entsprechend in Kauf genommen hat.
Die Arbeitgeberin hat insbesondere auch nicht für Tatsachen einzustehen, die nach Ansicht des Arbeitnehmers eine weitere Zusammenarbeit unmöglich machen, jedoch im Risikobereich des Arbeitnehmers liegen.
Ein Auflösungsgrund liegt dann vor, wenn sich die Unzumutbarkeit direkt, also kausal, aus der Kündigung ergibt und im Zusammenhang mit der Kündigung oder dem Kündigungsschutzprozess steht.
Wird seitens eines Arbeitnehmers eine psychische Erkrankung angeführt, so ist dies nur dann ein tauglicher Grund, wenn diese durch den Arbeitgeber zielgerichtet oder zumindest erkannt und billigend in Kauf genommen wurde.
(BAG, Urteil v. 11.7.2013 – 2 AZR 241/12)