Gehören Tarifverträge zu den in § 87 Abs. I Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz genannten öffentlichen Rahmenvorschriften? Falls ja, würde sich regelmäßig ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ergeben. Die Umsetzung und Ausgestaltung wäre nicht mehr lediglich Sache des Arbeitsgebers.
Bei Tarifverträgen handelt es sich regelmäßig nicht um die in § 87 I, Nr. 7 BetrVG genannten öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschriften. Nur wenn es sich um eine solche genannte Rahmenvorschrift handelt, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Umsetzung und der Ausgestaltung der Vorschriften.
Im vorliegenden Fall ist der Arbeitgeber eine Druckerei. Die tariflichen Vorschriften regeln unter anderem, wie die Maschinen durch und mit wie viel Personal zu besetzen sind. Dies ist Streitgegenstand. In der Klage vor dem ArbG streiten die Parteien, ob die Besetzung von Maschinen in den Mitbestimmungstatbestand des § 87 I, Nr. 7 BetrVG fällt.
Grundsätzlich ist es so, wie auch im vorliegenden Fall, dass der Arbeitgeber alleine, ohne eine Mitbestimmung des Betriebsrates, über die Anzahl der Arbeitnehmer pro Maschine bestimmen kann.
In der vorliegenden Konstellation liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 87 Abs. I, Nr. 7 BetrVG nicht vor. Diese sind dann erfüllt, wenn öffentlich-rechtliche Rahmenvorschriften (siehe oben) dem Arbeitgeber in Angelegenheiten des Gesundheitsschutzes vorschreiben, bestimmte Aspekte zu regeln und er hierbei einen Handlungsspielraum (Ermessen) ausüben kann. Die Rechtsfolge von dem Vorliegen ist dann ein Recht zur Mitbestimmung des Betriebsrates.
Öffentlich-rechtliche Rahmenvorschrift kann grundsätzlich die Generalklausel des § 3 Abs. I, Satz 1 ArbSchG sein. Diese Vorschrift verpflichtet Arbeitnehmer, dasjenige zu tun, was den Arbeitnehmer im Hinblick auf den Arbeitsschutz sowohl gesundheitlich als auch sicherheitstechnisch schützt. Damit es bei dieser Vorschrift jedoch zu einem Mitbestimmungsrecht kommt, muss objektiv gesehen eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit der Beschäftigten bestehen. Aus dieser Gefahr muss eine Handlungspflicht für den Arbeitgeber resultieren.
In einer gerichtlichen Auseinandersetzung muss diese Gefahr vor dem Tatsachengericht geltend gemacht werden.
Im vorliegenden Fall ist der Tarifvertrag keine öffentlich-rechtliche Rahmenvorschrift. Er sieht vor, dass eine Mitbestimmung nur durch eine gesetzliche Vorschrift eintreten kann oderwenn es um unfallverhütende Maßnahmen geht.
(BAG Beschl. v. 11.12.2012 – 1 ABR 81/11)
Der vorliegende Fall zeigt sehr deutlich, wie komplex die Materie der Betriebsräte ist und welche einzelnen Aspekte zu berücksichtigen sind. Nicht immer sind Vorschriften anwendbar, oftmals ist der Tatbestand nicht erfüllt. Dies kann schon dann der Fall sein, wenn ein einzelnes Tatbestandsmerkmal nicht vorliegt.
Der im vorliegenden Fall maßgebliche § 87 I, Nr. 7 BetrVG wird oftmals falsch verstanden. Der Wortlaut liest sich sehr offen und impliziert ein weites Feld für die Mitbestimmung von Betriebsräten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das BAG stellt noch einmal deutlich, dass nicht jede vom Arbeitnehmer durchgeführte Maßnahme, die unter Umständen die Gesundheit der Arbeitnehmer betreffen kann, das Mitbestimmungsrecht auslöst. Um eine Gefahr anzunehmen, bedarf es objektiv gesehen konkrete Aspekte, die eine Gefährdung aufweisen.
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